Zu niedrige Gehälter sind sittenwidrig

Niedrige Gehälter können sittenwidrig sein und damit einen Anspruch auf die marktübliche Bezahlung für die bereits geleistete Arbeit auslösen.

Auch ohne einen gesetzlichen Mindestlohn können zu niedrige Gehälter sittenwidrig und damit nichtig sein. Allerdings kommt es jeweils auf den Einzelfall, insbesondere den ausgeübten Beruf und die eigene Qualifikation an. So entschied etwa das Arbeitsgericht Wuppertal, dass eine Bruttovergütung von 1.000 Euro für einen Kfz-Mechatroniker sittenwidrig ist. Nach dieser Urteilsbegründung ist die Unterschreitung des marktüblichen Bruttogehalts für die ausgeübte Tätigkeit um mehr als 30 % nicht rechtfertigbar.

Das Landesarbeitsgericht Bremen erklärte einen Stundenlohn von 5 Euro für Auspackhilfen in Supermärkten für sittenwidrig, nachdem auch hier der Tariflohn für vergleichbare Tätigkeiten um mehr als ein Drittel unterschritten worden ist. Lediglich bei Praktikantenvergütungen kann, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg zeigt, im Hinblick auf die Ausbildungskomponente nicht ohne Weiteres ein vergleichbarer Tariflohn zugrunde gelegt werden. Sobald sich das Ausbildungsverhältnis allerdings zum Arbeitsverhältnis wandelt, wird der Lohn in unveränderter Höhe sittenwidrig.

Schließlich gelten auch für höherqualifizierte Tätigkeiten gewisse Mindestgehälter. So müssen sich junge Rechtsanwälte bei ihrem Berufseinstieg auch dann keine Gehälter unterhalb von 2.300 Euro brutto gefallen lassen, wenn sie weder Zusatzqualifikationen noch ein Prädikatsexamen vorzuweisen haben, meint der Anwaltsgerichtshof von Nordrhein-Westfalen.

 
[mmk]