04.08.2011

Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht!

So lautet der Titel eines angeblich fiktiven Büro-Romans, den ein 51-jähriger Vertriebsmitarbeiter über ein angeblich fiktives Unternehmen verfasst hat. In dem Roman wird ein Arbeitnehmer „Hannes“ vorgestellt, der Rauschmittel konsumiere („hat alles geraucht, was ihm vor die Tüte kam“). Über eine Mitarbeiterin „Fatma“ wird berichtet, sie erfülle Klischeevorstellungen über türkische Immigranten, indem sie die deutsche Sprache krass nutze und ein aufschäumendes Temperament habe. Leider stehe ihr Intellekt aber genau diametral zu ihrer Körbchengröße. Der Junior-Chef „Horst“ wird beschrieben als „Feigling“ Er habe nicht die Eier, jemandem persönlich gegenüberzutreten, dafür schicke er seine Lakaien.

Der eifrige Buchautor hat sein Werk den Arbeitskollegen während der Arbeitszeit zum Kauf angeboten. Er erhielt daraufhin eine fristlose Kündigung mit der Begründung, der Roman enthalte beleidigende, ausländerfeindliche und sexistische Äußerungen über Kollegen und Vorgesetzte. Das Buch weise deutliche Parallelen zu dem Unternehmen und den dort tätigen Personen auf und störe dadurch den Betriebsfrieden. Verschiedene Arbeitnehmer hätten sich persönlich angegriffen gefühlt und eine Mitarbeiterin habe sich sogar in ärztliche Behandlung begeben müssen.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in einer Entscheidung vom 15.07.2011 die Kündigung für rechtsunwirksam erklärt. Der ideenreiche Buchautor könne sich auf die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit berufen. Zu seinen Gunsten bestand die Vermutung, dass es sich bei dem Roman nicht um tatsächliche Gegebenheiten, sondern um eine fiktionale Darstellung handele. Etwa anderes könne nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann gelten, wenn alle Eigenschaften einer Romanfigur dem tatsächlichen Vorbild entsprächen. Dies konnte aber nicht festgestellt werden, da die Arbeitgeberin betont habe, die im Roman überspitzt gezeichneten Zustände spiegelten nicht die realen Verhältnisse im Betrieb wieder.

Die Arbeitgeberin hätte den Prozess also nur gewinnen können, wenn sie die überspitzt geschilderten Zustände als tatsächlich in ihrem Betrieb vorhanden eingeräumt hätte und dazu noch die zugehörigen Personen benannt hätte. Ob allerdings der im Prozeß erfolgreiche Buchautor nach der Rückkehr auf seinen Arbeitsplatz tatsächlich noch viel Freude mit seinen Kollegen und dem Junior-Chef erleben wird, steht auf einem anderen Blatt.

 

Martin Löbbecke,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gladbeck