07.06.2011

Gleiches Geld für gleiche (Leih-)Arbeit

Nach § 9 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes sind Vereinbarungen rechtsunwirksam, bei denen ein Leiharbeitnehmer von seinem Arbeitgeber für die Zeit der Überlassung an ein Unternehmen schlechtere Arbeitsbedingungen erhält als die dort beschäftigten Mitarbeiter. Ausnahmsweise sind niedrigere Löhne für Leiharbeitnehmer aber zulässig, wenn diese auf einem rechtswirksamen Tarifvertrag beruhen.

Hierzu hatte das Bundesarbeitsgericht bereits in einer Entscheidung vom 14.12.2010 festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice-Agenturen (CGZP) keine Spitzenorganisation ist, die im eigenen Namen Tarifverträge abschließen kann. Von dieser Entscheidung betroffen sind viele Arbeitgeber aus der Zeitarbeitsbranche, die mit ihren Leiharbeitnehmern eine Anwendung der Tarifverträge der CGZP vereinbart hatten. Diese Tarifverträge sahen für die Mitarbeiter deutlich schlechtere Arbeitsbedingungen vor als die mit zuvor mit DGB- Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge in der Zeitarbeitsbranche.

Durch die Unwirksamkeit derartiger Tarifvertragsvereinbarungen haben nunmehr zahlreiche Mitarbeiter aus Zeitarbeitsfirmen die Möglichkeit, gleiches Geld für gleiche Arbeit (equal pay) wie die bei den Entleihfirmen beschäftigten Arbeitnehmer zu verlangen, soweit das betreffende Zeitarbeitsunternehmen im Arbeitsvertrag auf die Tarifverträge mit der CGZP verwiesen hatte.

Einen ersten Ausweg hat ein Zeitarbeitsunternehmen gesucht durch den Hinweis auf eine Ausschlussfrist in den Tarifverträgen der Stammbelegschaft des Entleihbetriebs. Mit einer neueren Entscheidung vom 23.03.2011 hat das Bundesarbeitsgericht dieser Argumentation aber einen Riegel vorgeschoben. Nach diesem Urteil muß ein Leiharbeitnehmer die im Entleiherbetrieb geltenden Ausschlussfristen nicht einhalten, kann also unverjährte Vergütungsansprüche der letzten 3 Jahre noch geltend machen und in diesem Rahmen eine Gewährung der wesentlichen Arbeitsbedingungen des Entleihbetriebs rückwirkend verlangen vom Arbeitgeber.

Taufrisch ist zu diesem Problemkreis nunmehr eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 30.05.2011. Danach war die CGZP auch in der Vergangenheit nicht tariffähig für den Bereich der Tarifverträge vom 29.11.2004, 19.06.2006 und 09.07.2008. Enthalten Arbeitsverträge also eine Verweisung auf diese Tarifverträge der CGZP, können auch diese Mitarbeiter eine Gleichbehandlung mit den Mitarbeitern im Entleihbetrieb verlangen.

Der Zeitarbeitsbranche steht damit eine Klagewelle bevor. Aktuelle Arbeitsverträge der letzten Monate dürften davon aber nicht mehr betroffen sein, weil die Arbeitgeber der Zeitarbeitsbranche in Kenntnis der Problematik spätestens seit dem Jahresende 2010 nicht mehr auf die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit (CGZP) verweisen, sondern auf Tarifverträge anderer Gewerkschaften oder die Tarifverträge der Einzelgewerkschaften der CGZP. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob deren Tariffähigkeit auf Dauer von den Gerichten anerkannt wird.

 

Martin Löbbecke,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gladbeck