23.03.2011

Urlaub 2011: Befristung, Übertragung, Abgeltung

Der Anspruch eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber auf Gewährung von Erholungsurlaub besteht nach dem Bundesurlaubsgesetz grundsätzlich nur innerhalb des jeweiligen Urlaubsjahres und erlischt automatisch am 31.12. des Jahres. Eine Übertragung auf den Zeitraum bis zum 31.03.2011 des Folgejahres findet nach der gesetzlichen Regelung nur ausnahmsweise statt, wenn der Urlaub wegen dringender betrieblicher Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe nicht gewährt werden konnte. Wird dagegen der Urlaubsantrag im laufenden Kalenderjahr gar nicht gestellt oder dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als bis zum 31.3. des Folgejahres an, so entfällt der Urlaub ersatzlos und wird auch nicht abgegolten.

Eine grundlegende Änderung dieser vom Bundesarbeitsgerichts bestätigten Gesetzeslage erfolgte durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 20.01.2009. Nach dieser Entscheidung ist das deutsche Urlaubsrecht im Hinblick auf die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04. November 2004 europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass der durch diese Richtlinie gewährte Mindesturlaub von 4 Wochen pro Jahr nicht zum 31.03. des Folgejahres verfällt, wenn er krankheitsbedingt nicht genommen werden konnte. 
Der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat seine bisherige Rechtsprechung hierzu im Urteil vom 24.3.2009 aufgegeben und sich der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs angeschlossen, nach der nunmehr auch bei langjähriger Arbeitsunfähigkeit Urlaubsansprüche nicht verfallen, sondern fortlaufend weitere Urlaubsansprüche entstehen jedenfalls in Höhe des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs von 4 Wochen pro Jahr nach dem Bundesurlaubsgesetz.
Nach zwischenzeitlich weiteren veröffentlichten Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 02.02.2009 und des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19.05.2010 gelten diese Grundsätze nur für den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von 4 Wochen, nicht aber für tarifliche oder arbeitsvertragliche Urlaubsansprüche über 4 Wochen pro Jahr hinaus. Dieser Auffassung hat sich das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in einem frisch veröffentlichten Urteil 12 K 331/10 vom 24.01.2011 auch für Beamte angeschlossen. Geklagt hatte dort ein krankheitsbedingt vorzeitig in den Ruhestand versetzter Postbetriebsassistent. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat betont, dass auch für die nicht dem Bundes-urlaubsgesetz unterliegenden Beamten die Richtlinie 2003/88/EG Anwendung findet, so dass diesem klagenden Beamten unmittelbar aus der Richtlinie ein Anspruch auf Abgeltung des aus Krankheitsgründen nicht genommenen Urlaubs zustand. Weitergehende Urlaubsansprüche nach beamtenrechtlichen Regelungen über 4 Wochen hinaus waren demgegenüber nicht abzugelten.

Zusammenfassend bleibt demnach festzustellen, dass nur im länger andauernden Krankheitsfall Urlaub über den 31.03. des Folgejahres hinaus übertragen werden kann und sich die Übertragung dieser Urlaubsansprüche ausschließlich auf den gesetzlichen Mindesturlaub von maximal 4 Wochen pro Jahr bezieht, nicht aber auf zusätzliche vertragliche oder tarifliche Urlaubsansprüche.

 

Martin Löbbecke,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gladbeck