06.02.2013

Arbeitsfrei am Rosenmontag?

Nach § 616 BGB erhält ein Arbeitnehmer seine Arbeitsvergütung auch dann ohne Kürzung, wenn er durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert war. Auf Rosenmontagszüge oder den Rathaussturm ist diese Vorschrift aber nicht anzuwenden, da es hier nicht um persönliche Leistungshindernisse geht, sondern um ein in der Allgemeinheit auftretendes Phänomen. Aus gesetzlichen Vorschriften lässt sich demnach ein Recht auf Sonderurlaub für Rosenmontag nicht ableiten.

Auch die Gerichte in den Karnevalshochburgen haben bisher wenig Humor und Verständnis für partywütige Arbeitnehmer gezeigt:

Das Landesarbeitsgericht Mainz hatte sich zu befassen mit einer Dienstvereinbarung für alle Beschäftigten der Stadt Mainz, nach der Rosenmontag komplett dienstfrei sein sollte, ohne dass die ausfallende Arbeitszeit nachgearbeitet werden soll. Das Landesarbeitsgericht Mainz stellte in seinem Urteil vom 02.07.1998 die Unwirksamkeit dieser Regelung fest, weil ein Verstoß gegen die Arbeitszeitverordnung des Landes Rheinland Pfalz vorliege. Die dienstfreien Tage seien im Landesbeamtengesetz und der hierzu erlassenen Arbeitszeitverordnung abschließend geregelt. Ausgefallene Arbeitszeit müsse deshalb nachgearbeitet werden.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat im Urteil vom 03.09.1993 festgelegt, dass kein genereller Anspruch auf bezahlte Freizeit am Rosenmontag bestehe. Dieser könne sich nur ausnahmsweise aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung ergeben. Eine solche betriebliche Übung ist nur dann anzunehmen, wenn ein Arbeitgeber freiwillige Leistungen mindestens dreimal ohne Vorbehalt hintereinander erbracht hat, also über mindestens drei Jahre einen bezahlten Sonderurlaub für Rosenmontag gewährt hat.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat in einem Urteil vom 08.08.2003 eine solche betriebliche Übung jedenfalls im Geltungsbereich des ehemaligen Tarifvertrags für Arbeiter der Deutschen Bundespost abgelehnt, da die Schriftformklausel für Nebenabreden in den entsprechenden Tarifverträgen dem entgegenstehe.

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich ebenfalls bereits mehrfach mit der Thematik befasst. Am 08.12.1992 wurde einer Mitarbeiterin mitgeteilt, dass ihr Antrag auf Dienstbefreiung für Rosenmontag zurecht abgelehnt war, sodass nur dem ersatzweise gestellten Antrag auf Erholungsurlaub für diesen Tag stattgegeben werden konnte. Am 12.01.1994 wurde der Antrag eines Klägers auf Sonderurlaub für Rosenmontag wegen angeblich betrieblicher Übung abgelehnt, weil die dortige Arbeitgeberin die Arbeitsbefreiung für Rosenmontag jeweils Jahr für Jahr neu angekündigt und individuell durch Aushang bekannt gegeben hatte. Am 06.09.1994 wurde eine betriebliche Übung für Arbeitsbefreiung an Heiligabend, Silvester und Rosenmontag abgelehnt mit der Begründung, dass der Arbeitnehmer das Verhalten seines Arbeitgebers unter Berücksichtigung aller Umstände nicht als Ankündigung mit Bindungswillen für die Zukunft sehen konnte, weil jedenfalls in den letzten Jahren ein Aushang am schwarzen Brett mit dem Vorbehalt versehen war, diese Regelung gelte nur für das aktuelle Jahr.

Nach allem ist die Rechtslage für den Bereich des Arbeitsrechts ungewöhnlich eindeutig: Ein Anspruch auf einen bezahlten Sonderurlaub am Rosenmontag besteht unter keinem Gesichtspunkt. Etwas anderes kann sich aus einem Tarifvertrag oder einer ausnahmsweise feststehenden betrieblichen Übung ergeben. Erfolgversprechender als juristische Spitzfindigkeit ist für den Bereich des Rosenmontagsurlaubs aber eine freundliche Anfrage bei dem Arbeitgeber, ob man nicht für einen halben Urlaubstag einen ganzen Tag freihaben kann, wie dies in vielen Unternehmen praktiziert wird … 
 

Martin Löbbecke,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gladbeck