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Urteilsspiegel Arbeitsrecht
In einer am 26.08.2014 veröffentlichten Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17.02.2014 ging es um die Rechtmäßigkeit einer Kündigung bei langer Betriebszugehörigkeit:
Der dortige Kläger war 46 Jahre alt, verheiratet und Vater eines Kindes. Er war schon seit über 25 Jahren in einer Großmetzgerei beschäftigt. Beim Verlassen des Produktionsbereichs wegen privater Arbeitsunterbrechungen müssen die Mitarbeiter eine Zeiterfassung über einen Chip bedienen. Sie müssen sich dann auch zurückmelden, wenn sie den Produktionsbereich wieder betreten. Der Kläger des dortigen Verfahrens wurde dabei beobachtet, dass er den Chip in seiner Geldbörse ließ und zusätzlich mit seiner Hand abschirmte, wenn er diesen vor das Zeiterfassungsgerät zum An- und Abmelden hielt. Eine Kontrolle durch den Arbeitgeber ergab, dass er so in 1,5 Monaten Pausen von insgesamt 3,5 Stunden gemacht hatte, ohne sich an- und abzumelden. Diese Zeiten waren ihm bezahlt worden.
Sowohl das erstinstanzlich zuständige Arbeitsgericht, als auch das Landesarbeitsgericht Frankfurt haben die Kündigung für rechtswirksam erklärt. Ein Versehen des Klägers war ausgeschlossen worden, weil die Zeiterfassung jeweils piept, wenn der Mitarbeiter sich an- oder abmeldet. Dieser hatte bewusst nur so getan, als würde er die Anlage bedienen. Wegen des fehlenden akustischen Signals hatte er genau gewusst, dass er den Chip erfolgreich abgedeckt hatte. Bei der Interessenabwägung hielten beide Gerichte eine Abmahnung nicht mehr für zumutbar, weil ein vorsätzlicher Betrug vorlag. Der Vertrauensbruch wog in diesem Fall schwerer als die lange Betriebszugehörigkeit.
Diese Entscheidung belegt die Tendenz der Arbeitsgerichte in 1. und 2. Instanz, die vom Bundesarbeitsgericht bei geringen Schäden für notwendig gehaltene Interessenabwägung auf das notwendige Maß zu beschränken. Auch wenn sich in den gerichtlichen Entscheidungen erster Instanz und zweiter Instanz immer wieder längere Ausführungen zur Interessenabwägung finden, scheint sich doch mittlerweile der Grundsatz wieder durchzusetzen, dass Diebstahl oder Betrug auch bei relativ geringem Schaden eine fristlose Kündigung in aller Regel rechtfertigen, ohne dass der geschädigte Arbeitgeber auf eine vorherige Abmahnung verwiesen werden könnte.