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Urteilsspiegel Arbeitsrecht
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in seiner Entscheidung 6 AZR 457/14 vom 23.07.2015 mit einer altersdiskriminierenden Kündigung in einem Kleinbetrieb zu befassen. Die 63-jährige Klägerin war in einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis seit dem 16.12.1991 als Arzthelferin beschäftigt. Neben ihr waren noch vier jüngere Kolleginnen dort tätig. Die Arbeitgeber haben der Klägerin sodann das Arbeitsverhältnis fristgerecht gekündigt wegen Veränderungen im Laborbereich, die eine Umstrukturierung der Praxis notwendig machen sollten. Dabei wurde angeführt, die Klägerin sei „inzwischen pensionsberechtigt“. Deshalb sei ihr gekündigt worden.
Die Klägerin hat die Unwirksamkeit der Kündigung und eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung geltend gemacht. In dem Verfahren hat sie vollständig gewonnen. Die Formulierung im Kündigungsschreiben ließ eine Benachteiligung wegen ihres Lebensalters vermuten. Zwar hatte die Arbeitgeberseite im Prozess erklärt, die Kündigung habe lediglich freundlich formuliert werden sollen; dies half jedoch nicht weiter, weil ein Verstoß gegen das Altersdiskriminierungsverbot vermutet wurde. Die ärztliche Praxisgemeinschaft hatte keine ausreichenden Beweise dafür angeboten, dass die zu vermutende Altersdiskriminierung tatsächlich nicht vorliegt. Insbesondere stellt es keinen hinreichenden Grund zur Auswahl eines zu kündigenden Mitarbeiters dar, wenn dieser unmittelbar eine Rente beantragen kann. Zur Höhe des Entschädigungsanspruchs wurde die Sache an das Landesarbeitsgericht sächsische Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Diese Entscheidung hat überragende Bedeutung für Kündigungen sowohl in größeren Betrieben, als auch in Kleinbetrieben mit bis zu zehn Arbeitnehmern. Sie belegt, dass der Schutz des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gegen Diskriminierungen wegen des Alters in jeder Art von Unternehmen gewährleistet ist und zur Unwirksamkeit von Kündigungen führen kann.
Martin Löbbecke,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gladbeck